Es klingt schon seltsam: Krankenkassen ermuntern Ärzte und Krankenhäuser, ihre Patienten kränker zu machen als sie sind, zumindest auf dem Papier. Auf diesem Wege wollen die Kassen mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich erhalten. Wenn aus einer depressiven Stimmung in der Abrechnung dann eine echte Depression wird, soll das 1.000 Euro mehr im Jahr bringen, berichtete der Chef einer großen Kasse freimütig. „Optimierung der Codierung“ heiße das in Fachkreisen. Mittlerweile haben auch andere Kassenvertreter den Vorwurf der Manipulation bekräftigt. Ist unser Gesundheitssystem krank?
Andererseits – 82 Prozent der Befragten (Bevölkerung ab 16) attestieren dem Gesundheitssystem und der Gesundheitsversorgung in Deutschland sehr gute oder gute Leistungen, sagt eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD). Und das, obwohl immer mehr Menschen den Eindruck hätten, dass ihnen aus Kostengründen schon eine bestimmte Behandlung oder ein Medikament vorenthalten wurde. Ärzte hingegen fürchteten, das heutige Versorgungsniveau könne auf mittlere Sicht nicht gehalten werden und rechneten mit Einschränkungen. Schon jetzt geht jeder zweite Krankenhausarzt von einem Ärztemangel aus, heute oder in naher Zukunft, sagt das IfD.
Während die Beiträge der gesetzlichen Kassen im nächsten Jahr relativ stabil bleiben, zeichnen sich in der privaten Krankenversicherung (PKV) für 2017 deutliche Beitragserhöhungen ab. Der Schluss, die Gesetzliche würde mit dem Geld der Versicherten sorgfältiger umgehen, trifft nicht zu. Es ist wohl eher der bevorstehenden Bundestagswahl geschuldet, wenn der Beitrag nicht steigt. Dazu wird die Bundesregierung den Kassen 1,5 Milliarden Euro aus der Reserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung stellen. Hinter vorgehaltener Hand macht der Begriff „Wahlkampfgeschenk“ die Runde.
Die PKV leidet nicht erst seit diesem Jahr unter den niedrigen Zinsen. Sie muss deutlich mehr Mittel zurückstellen, um die Ausgaben der Zukunft vorzufinanzieren. Ihre Tarife sind so kalkuliert, dass jüngere Kunden mehr zahlen, als sie durchschnittlich an Leistungen verbrauchen. Dieser Mehrbeitrag wird verzinslich angelegt. Er soll die höheren Kosten decken, die im Alter entstehen. Sind die Zinsen niedrig, muss der Beitrag steigen. Hinzu kommen deutlich höhere Ausgaben für Behandlung und Medikamente. Der medizinische Fortschritt hat seinen Preis – gerade bei Privatversicherten.
Ob gesetzlich oder privat versichert, beide Systeme haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Und welche Lösung für den Einzelnen besser ist, zeigt sich manchmal erst im Nachhinein. Fachkundige Beratung kann da nicht schaden.